Der Baumflüsterer war da...
… und hat die Bäume auf Verkehrssicherheit kontrolliert
Jetzt aber schnell laufen und raus aus dem Gehege! Baumkontrolleur Jürgen Schmitt und sein Mitarbeiter nehmen gerade die Daten der Bäume im Yakgehege auf, und die Yaks fühlen sich gestört. Sie rennen plötzlich in Angriffshaltung auf die beiden Männer zu, die Hörner gesenkt, full Speed. Jürgen Schmitt bleibt nichts anderes übrig, als fluchtartig das Gehege zu verlassen. Auf eine Begegnung mit den spitzen, gebogenen Yakhörnern will er es nun wirklich nicht ankommen lassen.
Normalerweise geht es bei der Arbeit von Jürgen Schmitt aber ruhig zu. Der Sachverständige nimmt systematisch Bäume in Augenschein, um Schäden an Wurzel, Stamm oder Krone zu finden. Diesmal im Schwarzacher Wildpark, denn Schäden würden möglicherweise die Sicherheit der Besucher gefährden. Bei etwa 1.000 bis 1.200 Bäumen, 4 Bäume pro Stunde, ist das also eine Arbeit von etwa acht Wochen. Danach rücken die Baumpfleger an, um Äste auszuschneiden und morsche oder kranke Bäume zu fällen.
Jürgen Schmitt misst die Höhe und den Umfang jedes Baumes, schaut sich die Kronenbreite an und beurteilt den Zustand des Baumes nach Kategorie 1 – gesund bis leicht geschädigt – oder Kategorie 2 – stärker geschädigt. Die Sandbirke, die er sich gerade vorgenommen hat, ist zwar schief gewachsen, hat aber eine lange, ausladende Krone und ist mit vielen Blättern sichtbar vital. Also Kategorie 1. Lediglich ein toter Ast muss demnächst entfernt werden, denn die Birke steht im Bereich einer Kinderrutsche. Sicherheit ist da absolut verpflichtend.
Alle wichtigen Parameter tippt Jürgen Schmitt in sein elektronisches Aufzeichnungsgerät, das für ein „Visual Tree Assessment“ unentbehrlich ist. Er erklärt, woran man einen kranken Baum erkennen kann: Beschädigte Rinde, Löcher im Stamm und aus dem Baum krabbelnde Ameisen wären ein Anzeichen für Baumschäden. Ein sichtbarer Pilz am Baum oder eine Verdickung am Stammfuß wäre ebenso verdächtig, denn dahinter steckt meist ebenfalls ein Pilz, der sich vom Baum ernährt. Braunfäule, Weißfäule oder Moderfäule als Schäden nach Pilzbefall bedeuten meist das Ende eines Baums. Der Baumkontrolleur würde dann mit weiteren Untersuchungen herausfinden, wie krank der Baum schon ist und ob er gefällt werden muss.
Jürgen Schmitt ist nicht wirklich ein Baumflüsterer, aber Respekt vor Bäumen hat er schon: „Hier im Schwarzacher Wildpark gibt es wunderbare alte Bäume, die besondere Sorgfalt verdienen“, sagt er. „Da gibt es beispielsweise eine ganze Gruppe etwa 30 Meter hoher Espen oder auch eine alte Stieleiche im Rotwildgehege. Bäume machen einen Teil der schönen Wildpark-Atmosphäre aus.“ Gut, dass es Baumexperten wie Jürgen Schmitt gibt, denn nicht nur die Tiere, auch die Bäume brauchen Pflege.
BauMPFLege im Scwarzacher Wildpark...
Ein weiter Panoramablick über den Wildpark in luftiger Höhe, dazu Sonnenschein – heute sind die Baumpfleger da und können bei gutem Wetter eine Menge schaffen. Doch Baumpflege ist harte Arbeit. Nachdem die Baumkontrolle eine ganze Reihe kranker und sogar abgestorbener Bäume festgestellt hat, müssen 35 Bäume gefällt und eine ganze Reihe toter Äste entfernt werden.
Das Damwild hat auch schon gemerkt, dass heute etwas Ungewöhnliches passiert. Denn die Gelenkteleskopbühne steht mitten im Gehege, um abgestorbene Äste an den großen Bäumen zu erreichbar zu machen. Auf der Bühne arbeiten die Baumpfleger Jürgen Schmitt und Nils Gütle mit Säge und Astschere. „Wir müssen sehr aufpassen, denn die Tiere stehen direkt unter dem Baum, um sich die herunterfallenden Äste zu sichern und abzuknabbern“, sagt Jürgen Schmitt. „Wir wollen ja nicht, dass ein Tier durch einen schweren Ast verletzt wird.“
Auch andere Tiere im Wildpark Schwarzach lieben Rinde und Blätter, zum Beispiel die Dromedare. Bei einer riesigen Eiche musste die Baumkrone eingekürzt werden, denn der Eichenfeuerschwamm hat den Baum befallen. Ein Gutachten hat ergeben, dass der Eichenstamm zu schwach geworden ist, um das große Gewicht der Krone zu tragen. Ohne baumpflegerische Maßnahmen würde die Eiche irgendwann zerbrechen, also wird ein Teil der Krone entfernt. Eichenblätter sind ein Leckerbissen für die Dromedare. Sie ziehen sich ein, zwei erreichbare Ästchen durch den Zaun ins Gehege und mampfen fröhlich.
Der Schwarzacher Tierpfleger Martin Pfeil hat sich noch etwas ganz Besonderes überlegt: Mit den Stämmen der abgesägten Bäume lässt sich ein wunderbarer Klettergarten für die Ziegen errichten! Mit großem Gerät räumen Nils Gütle und Jürgen Schmitt die Stämme ins Ziegengehege. Ein gegabelter Stammabschnitt als Stütze in die Mitte, vier Stämme längs und quer darüber, und schon ist der Kletterparcours fertig! Die Ziegen lieben es, darauf herumzuspazieren. So bleibt das Totholz dem Wildpark erhalten. Gleichzeitig dient das Holz einer noch artgerechteren Haltung der Tiere.
Die Obstbäume am Spielplatz sind von der Braunfäule total ausgehöhlt und müssen gefällt werden. Außerdem werden 80 Kubikmeter Pappelholz zersägt und zum Abtransport in einen Container gestapelt. Eine Eiche im Schwarzwildgehege hat einen großen Riss und benötigt eine Kronensicherung mit Seilen, damit sie nicht zerbricht. Die Arbeit mit Holz strengt an, Nils Gütle, Jürgen Schmitt und die Ferienjobber Jonas Stahl und Marius Teßmer sind abends hundemüde. Doch die Arbeit ist sinnvoll und notwendig: Sinnvoll, weil sie Bäume erhalten hilft. Nur im absoluten Notfall werden Bäume gefällt. Notwendig, weil der Wildpark verkehrssicher sein muss, das heißt, dass keine Person (und auch kein Tier) durch einen fallenden Baum oder einen dicken Ast verletzt werden soll.
Die gefällten Bäume sollen nach und nach durch neue ersetzt werden. Deshalb denken die Verantwortlichen über Baumpatenschaften nach, an denen sich Wildparkfreunde beteiligen können.